Nichtinanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen
Um Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und SGB XII zu erhalten, müssen diese aktiv beantragt werden. Simulationsmodelle legen nahe, dass etwa 40 % (SGB II) bzw. 60 % (SGB XII) der anspruchsberechtigten Personen keine entsprechenden Leistungen beziehen. Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, warum Menschen so häufig auf eine Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen bei Arbeitslosigkeit bzw. Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung verzichten.
Im Forschungsprojekt wird neben den bisher in der Literatur diskutierten Faktoren, wie Informationsdefizite oder Ängste vor Stigmatisierung, insbesondere die soziale Einbettung im Kontext der Nichtinanspruchnahme beleuchtet. Die soziale Einbettung betrifft einerseits die Rolle sozialer Netzwerke bei der Informationsweitergabe und soziale Unterstützung sowie andererseits den Einfluss wohlfahrtsstaatlicher Bezugsnormen.
Methode
Das Projekt ist als Mixed-Methods-Design aus quantitativer und qualitativer Erhebung konzipiert. Im quantitativen Teil wird ein Innovationsmodul zur Nichtinanspruchnahme des SOEP-IS in der Welle 2020 ausgewertet. Es enthält Itembatterien zu wohlfahrtsstaatlichen Einstellungsmustern sowie zu Gründen der Nichtinanspruchnahme. Analysiert werden neben Informationsproblemen, Zugangsproblemen, Stigmatisierungsängsten und Vorbehalten im Umgang mit Behörden auch verschiedene Ebenen der sozialen Einbettung. Im qualitativen Untersuchungsteil werden mittels eines theoretischen Samplings leitfadengestützte Interviews mit anspruchsberechtigten Personen im Raum Thüringen durchgeführt.
Relevanz
Im Ergebnis wird das Projekt das Verständnis über die Beweggründe für Nichtinanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen in Deutschland substanziell erweitern und damit auch wichtige Hinweise zur Verbesserung des Zugangs zu Grundsicherungsleistungen liefern.