Der Ernst des Lebens? - Alumni der EAH Jena digital im Gespräch
Am 9. Dezember 2020 kamen wir im ersten Online-Talk mit unseren vier Alumni über ihre Karrierewege und Lebensentwürfe ins Gespräch:
Christian Koch, Bachelor- und Masterabsolvent in Maschinenbau ist bei Viega als Trainee eingestiegen und heute in der Konstruktion tätig. Dabei war Konstruktion kein Lieblingsfach im Studium, doch jetzt findet er sein Aufgabengebiet spannend: „Als ich als Trainee angefangen habe, war ich nicht der Meinung, ich sei der Stelle gewachsen. Aber ich hatte Bock auf die Tätigkeit. Dann gab es viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden und das, was ich als meine Schwächen gesehen habe, sind heute meine Stärken.“
Noch während seiner Zeit als Trainee wurde Christian kurzfristig zu einem Termin mit dem Werkleiter gerufen, zu dem er – ohne Vorbereitungszeit – mit dem Fahrrad über das Werksgelände radelte. Im Besprechungsraum wurden ihm fachliche Fragen auf Englisch gestellt, die er so zur Zufriedenheit beantworten konnte, dass ihm direkt die Entsendung an den Standort in den USA angeboten wurde. Sein Tipp an die Studierenden in der Bewerbungsphase: „Nicht mit der Schrotflinte auf Briefkästen schießen. Das heißt: Nicht auf alles bewerben, was es gibt.“ Bei der Bewerbung geht Qualität über Quantität, ist sich nicht nur Christian sicher.
Auch Ekaterina Maruk ist dieser Meinung, denn sie kennt sich bestens in beiden Welten aus. Als stellvertretende Projektleiterin hat sie in den letzten drei Jahren den „Career & Welcome Point“ an der Universität Jena aufgebaut, hat ein Netzwerk zu regionalen Unternehmen geknüpft und Studierende zu Bewerbung und Jobsuche beraten. Aktuell ist Ekaterina die persönliche Referentin des Gründungsdirektors der Stiftung Deutsches Optisches Museum und leitet dort auch u.a. das Personalmanagement. Als ausgebildete Solistin und Musikpädagogin sowie mit einem Diplom in Tourismus ausgestattet kam sie aus Kaliningrad an die EAH Jena und absolvierte dort ihr Bachelor- und Masterstudium der Sozialen Arbeit. Veränderungen, neue Stationen, interkulturelle Herausforderungen, Erfahrungen aus Bewerber- und Arbeitgebersicht ― das alles ist ihr vertraut. Und was macht für Ekaterina einen erfolgreichen Bewerber aus? „Der erfolgreiche Bewerber ist der, der sich zum Bewerbungsgespräch am besten vorbereitet. Wenn Sie sich bewerben, schauen Sie bitte immer zuerst, welche Informationen in Ihren Unterlagen für den Arbeitgeber relevant sind“, rät Ekaterina, „Bedenken Sie, als Mitarbeiter sind Sie immer auch das Gesicht der Firma nach außen.“
Vielfältige Erfahrungen als internationale Studentin an der EAH Jena hat auch Evelyn Rangel gesammelt. Nach ihrem Bachelorabschluss im Bereich Industrielles Chemieingenieurwesen und zwei Jahren Berufserfahrung bei einem Chemiekonzern in Mexiko studierte sie in Jena den internationalen Masterstudiengang Scientific Instrumentation. Obwohl die EAH nur eine relativ kurze Zwischenstation für Evelyn war, hinterließ sie hier einen bleibenden Eindruck. Während ihres Studiums unterstützte sie internationale Studierende bei der Praktikumssuche im Rahmen der Career Group und erhielt 2017 den DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender. Aktuell arbeitet sie als Chemikerin im Bereich Produktentwicklung PUR beim börsennotierten Konsumgüterhersteller Henkel. In ihrem zwölfköpfigen internationalen Team ist eine offene und ehrliche Kommunikation unerlässlich. Diese Werte sind für Evelyn überaus wichtig für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in multinationalen Teams. Was rät sie Studierenden, die in Deutschland studieren möchten? Kurz und bündig antwortet sie: „Zuerst die Sprache lernen, dann Ziele setzen.“
Der Weg von Johannes Rothe lässt sich komplementär zu Ekaterinas und Evelyns Weg lesen. Johannes ging nach seinem Bachelorabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen und einem Traineeship bei BMW in Südafrika an die Hongkong University of Science and Technology (HKUST) und absolvierte einen Master in Management. Mittlerweile lebt er seit acht Jahren in China und ist dort besser unter dem Pseudonym „Jackson“ und „罗杰胜” bekannt. Er schätzt die junge und dynamische Unternehmenslandschaft im Reich der Mitte und will sich dort beruflich noch einige Jahre weiterentwickeln. Wenn man ihn fragt, warum er aktuell den chinesischen Arbeitsmarkt dem deutschen vorzieht, antwortet er: „In Deutschland sieht man oftmals zuerst das Risiko, in China sieht man dagegen zuerst Chancen.“
Als Coach und Unternehmensberater sowie Gründer der SINOLUMINA Technology Consulting Shenzhen Ltd. ist er flexibel und facettenreich in seiner Selbständigkeit. Er setzt sich dafür ein, Menschen mit ähnlichen Geschäftsinteressen und Wertevorstellungen zusammenzubringen und sie in der Kommunikation zu unterstützen. Die Frage, ob er sich bei seinen vielfältigen Tätigkeiten nicht zu sehr gebunden fühlt, beantwortet er folgendermaßen: „In der Selbstständigkeit, ist man nur an seine eigenen Werte und Visionen gebunden.“
Wie ernst ist also der Ernst des Lebens? Der Titel der Veranstaltung lässt Raum für Interpretationen. Endet mit dem Studium auch die Zeit der Leichtigkeit und Freiheit? Lauert der graue Alltag dahinter, die Tristesse eines geregelten, aber gleichförmigen Lebens? Oder beginnt nach dem Studium erst das wahre Leben, geprägt von Selbstverwirklichung und Horizonterweiterung? Die Realität liegt womöglich irgendwo dazwischen, zwischen den Extremen stetig hin- und herpendelnd.
Kennengelernt haben wir Christian, Ekaterina, Evelyn und Jackson jedenfalls als humorvolle und inspirierende Menschen, die ihr Leben mit Leidenschaft und Ernsthaftigkeit gestalten und Chancen ergreifen, wenn sie sich ihnen bieten. Mit ihren unterschiedlichen Karrierewegen und Lebensentwürfen sind sie herausragende Beispiele für Studierende der EAH Jena und zeigen, welche Möglichkeiten auf mutige und engagierte Alumni unserer Hochschule nach dem Studienabschluss warten.
Wir freuen uns auf den nächsten Alumni-Talk im Sommersemester 2021!