Kreatives Potenzial
Einen Prototyp oder ein Proof-Of-Concept zu einer innovativen Idee entwickeln und hierfür auch finanzielle, technische und fachliche Unterstützung erhalten? Genau diesen Komplettservice bietet die Ernst-Abbe-Hochschule Jena derzeit allen Hochschulangehörigen mit der „REAHLIZE“-Förderung. Möglich macht es das Projekt „StartUp@EAH“, finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Dementsprechend groß war auch das Interesse an der zweiten Ausschreibungsrunde im Frühjahr 2021. Die Bewerberinnen und Bewerber waren dazu aufgefordert, ihre innovativen Ideen in einem Ideenpapier vorzustellen und Angaben zum Kundennutzen, zur Problemlösung, zu den Alleinstellungsmerkmalen, zur persönlichen Qualifikation und Motivation, zur Aktivitäten- und Ressourcenplanung im Förderzeitraum sowie zum Marktpotenzial zu machen. Insgesamt gab es sieben Einreichungen von Einzelpersonen und Teams. Nach der persönlichen Vorstellung der Ideen in digitalen Live-Pitches vor Vertretern aller Fachbereiche der EAH Jena erfolgte die Auswahlentscheidung.
Besonders überzeugt haben in dieser Ausschreibungsrunde zwei Ideen: das „Mobile Pull-Up“ aus dem Bereich Sport und das medizintechnische Vorhaben „Smart Stoma“. Beide Projekte haben vor wenigen Tagen die Förderzusage vom BMBF erhalten und können nun mit ihrer Erprobung starten.
In dem Projekt „Mobile Pull-Up“ des sportbegeisterten Maik Wörtler geht es um die Schaffung eines grundlegend neu gedachten Trainingsgerätes: eine freistehende, verstaubare, mobile, verstellbare, modulare und stabile Klimmzugstange. Mit diesen Eigenschaften verschafft sie sich einen klaren Vorteil gegenüber allen vergleichbaren Sportgeräten. Enthalten sind spezielle Klapp- und Auszugsmechaniken, die es erlauben, eine Anpassung an verschiedene Körpergrößen und Übungen mühelos, schnell und ohne Werkzeug durchzuführen.
Außerdem sind eine hohe Standsicherheit sowie ein individueller und modularer Aufbau gegeben. Der Masterstudent im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen möchte die Förderung nutzen, um einen Funktions-Prototyp durch verschiedene Fertigungsverfahren herzustellen und Qualitätsprüfungen nach aktuellen Industriestandards durchzuführen.
Die Idee des Medizintechnikstudenten Jan-Erik Müller zielt auf Verbesserungen für viele Stomapatientinnen und -patienten ab. Ein Stoma ist eine künstlich geschaffene Öffnung in der Bauchdecke zur Ausleitung des Stuhls, falls ein Teil des Dick- oder Dünndarms nach Krebserkrankungen, Entzündungen oder Organfehlbildungen entfernt wurde. In Deutschland leben etwa 160.000 Menschen mit einem Stoma. Einige dieser Stomata sind nur temporär (vorübergehend) und können wieder zurückverlegt werden, während andere permanent (dauerhaft) sind.
Bei den bisher existierenden Systemen wird der Darminhalt unwillkürlich in den angeklebten Stomabeutel ausgeleitet. Dadurch treten unangenehme Gerüche, unkontrollierte Flatulenzen (Blähungen) und schmerzhafte Hautreizungen auf. Weiterhin sind die Stomapatientinnen und -patienten im Alltag oder bei Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt.
Diese geminderte Lebensqualität betroffener Personen war für den 21-Jährigen Anlass zur Erforschung einer Alternative: ein Enterostomaverschluss. Damit soll es möglich sein, die zuvor genannten Komplikationen zu reduzieren oder ganz zu eliminieren. Ziel ist, eine Stuhlkontinenz (Kontrolle über die Stuhlentleerung) wiederherzustellen.
Durch die neuartige Gestaltung des Systems wird ein funktioneller und zugleich ästhetischer Stomaverschluss kreiert. Somit wird die einzigartige Möglichkeit geschaffen, den Stomabeutel für etwaige Aktivitäten abzulegen. Hieraus ergeben sich nicht nur verkürzte Pflegeversorgungszeiten, sondern ebenso eine Beseitigung schwerwiegender psychologischer Belastungen und Schamgefühle.
Während der Projektlaufzeit möchte Jan-Erik Müller verschiedene Konstruktionsvarianten mit Hilfe einer 3D-Software entwerfen. Nach der Translation physiologischer Komponenten in die konstruktionstechnische Umsetzung, sind passende Materialien auszuwählen. Durch die Verwendung von additiven Fertigungsverfahren können Prototypen entwickelt und anschließend in verschiedenen Funktions- und Belastungstests überprüft werden.
Die nächste „REAHLIZE“-Ausschreibungsrunde der Hochschule findet voraussichtlich im Herbst 2021 statt.
REAHLIZE ist ein Förderprogramm der Ernst-Abbe-Hochschule Jena im Rahmen des Projekts „StartUp@EAH“, das vom BMBF finanziert wird. Das Ziel von REAHLIZE ist die Unterstützung von Einzelpersonen bzw. Teams, die einen Prototypen oder ein Proof-Of-Concept zu einer innovativen Idee in der Vorgründungsphase entwickeln wollen. Gründungsinteressierte Personen erhalten hierbei eine finanzielle Unterstützung von bis zu 7.500 Euro. Die Mittel können in einem Zeitraum von maximal sechs Monaten nach Förderzusage für Sachmittel oder Beratungsleistungen eingesetzt werden. Außerdem erhalten die geförderten Personen Zugang zu hochwertiger Infrastruktur und individueller Beratung.
Weiterführende Informationen sind auf der Projekt-Website abrufbar:
https://www.eah-jena.de/startuplab
Kontakt: startuplab@eah-jena.de
Anika Thomas, Jan-Erik Müller, Maik Wörtler
Zuwendungsgeber:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Fördermaßnahme:
Forschung an Fachhochschulen – StartUpLab@FH
Richtlinie:
„Unternehmerisches Denken und wissenschaftlicher Gründergeist – Forschungs- und Gründungsfreiräume an Fachhochschulen“ (StartUpLab@FH)
Förderkennzeichen:
13FH003SU8